Curt Goetz
1888 - 1960
Seine satirischen Stücke sind auch heute noch von keiner Boelevardbühne
wegzudenken. Dabei wird er auch von der seriösen Kritik in Ehren gehalten und sein
Name fällt in einem Zug mit George Bernhard Shaw und Oscar Wilde: Curt Goetz. Seine
bekanntesten Bühnenstücke 'Hokuspokus', 'Dr. med. Hiob Prätorius' und 'Das Haus in
Montevideo' wurden mehrmals verfilmt, wobei es keiner besser beherrschte als er
selbst. Curt Goetz, der es wie kein anderer Verstand, der Gesellschaft den Spiegel
vorzuhalten, hatte ausgerechnet im Nazideutschland von 1938 erstmals Gelegenheit
Filmregie zu führen. Doch schon in der Stummfilmzeit stand er vor der Kamera - lange
bevor er mit seiner Frau Valerie von Martens zu internationaler Anerkennung kam...
Kurt Walter Götz wird am 17. November 1888 als Sohn des schweizer Kaufmanns
Bernhard Götz und seiner Frau Selma (geb. Rocco) aus Berlin, in Mainz geboren. Schon
1890 stirbt der Vater, worauf Selma Götz mit dem gerade zweijährigen Sohn nach Halle
an der Saale zieht. Die Mutter leitet dort eine Privatklinik.
Im Alter von 18 Jahren besteht der junge Kurt dort das Einjährigen-Examen am
Städtischen Gymnasium. Sein Stiefvater vermittelt ihm noch im gleichen Jahr
Schauspielunterricht bei dem Berliner Schauspieler Emanuel Reicher. Sein erstes
Engagement hat Götz bereits im Jahr darauf, 1907, am Stadttheater in Rostock. Hier
schreibt er auch schon erste Sketche für die Bühne.
Es folgen Engagements am Intimen Theater Nürnberg (1909 bis 1911), an den
Barnowsky-Bühnen (ab 1911), am Kleinen Theater, am Lessingtheater sowie im
Deutschen Künstlertheater in Berlin. Nebenbei hat er Auftritte am Deutschen Theater
und am Staatlichen Schauspielhaus. Dort spielt er Stücke unterschiedlichster Genres. In
modernen Stücken von Oscar Wilde oder Georg Kaiser sieht man ihn ebenso wie in
Hauptmanns "Der rote Hahn" oder Ibsens "Die Wildente".
In Berlin verfasst Götz 1911, der sich als Autor fortan Curt Goetz schreibt, seine erste
Komödie "Der Lampenschirm". Es folgen zahlreiche Komödien und Grotesken aus
mehreren Einaktern. Durch seinen hervorragenden satirischen Sprachwitz avanciert er
mit Stücken wie "Nachtbeleuchtung" (1918), "Menagerie" (1919) oder "Ingeborg" (1921)
bald zu einem etablierten Bühnenautor des gehobeneren Boulevardtheaters.
1912 heiratet Goetz die Schauspielerin Erna Nitter. Im gleichen Jahr tritt er zudem in
zahlreichen Stummfilmen auf. In seinem Filmdebut "Schwarzes Blut" spielt er an der
Seite und unter der Regie von Harry Piel einen indischen Mörder. Es folgen auch
Komödien, in erster Linie aber weiterhin Krimis, in denen er meist den Gegenspieler von
Leinwandhelden wie Max Landa mimt. Für die erfolgreichen Krimiserien des
Leinwandhelden verfasst er auch zahlreiche Drehbücher.
1917 wird die Ehe mit Erna Nitter wieder geschieden. Ab 1920 sieht man Goetz in
einigen Filmen als Detektiv Joe Deebs. Zwei Jahre später gründet er die Kurt
Götz-Film-Compagnie GmbH, bei der er als einzigste Produktion den Film "Friedrich
Schiller - Eine Dichterjungend" inszeniert. Nach zwei weiteren Filmrollen unter der Regie
von Joe May und Reinhold Schünzel konzentriert sich Goetz wieder ausschließlich auf
das Theater.
1923 heiratet er die Schauspielerin Valerie von Martens, die fortan zu seinem festen
Ensemble auf zahlreichen Gastspielreisen gehört. 1927 feiert er mit der in Stettin
uraufgeführten Kriminalkomödie "Hokuspokus" seinen bis dahin größten Erfolg. Das
Ehepaar Goetz und von Martens leistet sich von den Einkünften eine Villa in Merlingen
am Thuner See in der Schweiz. Das Musical "Zirkus Aimée" (1928) wird zwar ein
Misserfolg, die folgenden Stücke "Der Lügner und die Nonne" (1929) und "Dr. med. Hiob
Prätorius" (1932), allesamt erstklassige Satiriken, schließen aber wieder an den Erfolg
von "Hokuspokus" an.
1930 wird mit "Hokuspokus" sein erstes eigenes Stück mit den damaligen
Publikumslieblingen Lilian Harvey und Willy Fritsch verfilmt. Beide sind auch die Stars
der Filmerfolge "Glückskinder" (1936) und "Sieben Ohrfeigen" (1937), bei denen Goetz
die Dialoge schreibt. 1937 erhält er das Angebot, in dem Reinhold Schünzel-Film "Land
der Liebe" neben seiner Frau Valerie von Martens die männliche Hauptrolle zu spielen.
Er lehnt ab, während Valerie von Martens darin neben Albert Matterstock ihr Filmdebut
gibt. Goetz steuert bei diesem Projekt wiederum zahlreiche Dialoge bei.
Der Film gerät, durch deutliche satirische Anspielungen auf die nationalsozialistischen
Machthaber, in die Räder der Filmzensur. Während der Film stark gekürzt wird, entgeht
der als Halbjude eingestufte Regisseur Schünzel seiner Verhaftung durch Emigration ins
Ausland. Curt Goetz und Valerie von Martens werden in der Reichsfilmkammer verhört.
Stark gekürzt und mit nachgedrehten Szenen versehen landet der aufwendige Film
schließlich doch noch im Kino und kann trotz zahlreicher "Entschärfungen" seine
Tendenz nicht verbergen.
Durch die Emigration zahlreicher namhafter Regisseure ist der deutsche Film in dieser
Zeit auf fähigen Nachwuchs angewiesen, so dass Goetz trotz der Vorfälle 1938 sein
Drehbuch "Napoleon ist an allem schuld" inszenieren kann. Diesmal steht er selbst in
der Hauptrolle neben Gattin Valerie von Martens vor der Kamera. Der Film, einer der
aufwendigsten des Jahres, ist abermals von unzähligen unterschwelligen Witzen gegen
die damaligen Machthaber durchzogen, entwickelt sich aber gerade deshalb zu einem
großen Publikumserfolg.
1939 emigrieren Curt Goetz und Valerie von Martens zunächst nach New York, wo
Goetz bei der MGM unter Vertrag genommen wird und mit Joseph L. Mankiewicz das
Drehbuch zu dem unrealisierten Projekt "The Road to Rome" erarbeitet. Nach der
Mitarbeit an dem Drehbuch zu dem Greta Garbo-Film "Two-Faced Woman" lehnt er
einen 5-Jahres-Vertrag der MGM ab und zieht sich stattdessen mit seiner Frau auf eine
Hühnerfarm in Van Nuys zurück.
Dort verfasst er die Erzählung "Tatjana" und den Roman "Die Tote von Beverly Hills"
sowie eine Neufassung des Stücks "Hokuspokus". Er arbeitet seinen Einakter "Die tote
Tante" in das Stück "Das Haus in Montevideo" um, in dem er mit Valerie von Martens
1945 am Playhouse-Theatre am Broadway auftritt.
1946 kehren beide in die Schweiz zurück, wo sie "Das Haus in Montevideo" aufführen.
Der Erfolg ist abermals enorm, so dass sie es auch auf deutschen Bühnen einem
begeisterten Publikum präsentieren.
1949 verfilmt Goetz - abermals als Drehbuchautor, Regisseur und Hauptdarsteller
zugleich - sein Stück "Dr. med. Hiob Prätorius" für die Hans Domnick-Filmproduktion und
landet damit einen der größten Filmerfolge der jungen Bundesrepublik.
1950 wirkt er in den USA am Drehbuch zu dem Films "Cheaper by the Dozen" (Im
Dutzend billiger) mit. Im folgenden Jahr entsteht mit "People Will Talk" in Hollywood
unter der Regie von Joseph L. Mankiewicz die Verfilumg des "Prätorius"-Stoffs.
1951 inszeniert er den Film "Das Haus in Montevideo", abermals mit Produzent Hans
Domnick und abermals mit Valerie von Martens und ihm selbst als männlichen
Hauptdarsteller. Wieder ein großer Erfolg bei Puplikum und Presse.
1952 steht er mit seiner Frau in der Neubearbeitung des Stücks "Hokuspokus" auf
deutschen Bühnen und ein Jahr später unter der Regie von Kurt Hoffmann in der
erfolgreichen Filmversion.
1955 folgt die Tournee mit seiner Bearbeitung der Komödie "Der Raub der
Sabinerinnen", 1956 kommt er mit seinem Stück "Nichts Neues in Hollywood", in dem er
seine Erfahrungen mit der amerikanischen Filmindustrie thematisiert, groß heraus. Mit
"Der Ausbruch des Weltfriedens" hat 1958 abermals eine erfolgreiche Goetz-Satire ihre
Premiere. Noch im gleichen Jahr wird Goetz Mitglied der Berliner Akademie der Künste.
Im Renaissance-Theater findet ihm zu Ehren eine Gala-Vorstellung seiner letzten
Einakter "Miniaturen" statt.
Aus Altersgründen zieht sich Curt Goetz zusammen mit Valerie von Martens in sein Haus
in Schaan in Liechtenstein zurück. Am 12. September 1960 stirbt Curt Goetz in Grabs im
Schweizer Kanton St. Gallen.
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