Paul Hörbiger
1894 - 1981
Paul Hörbiger wurde am 29. April 1894 in Budapest geboren; er war ein
Sohn des Ingenieurs Hanns Hörbiger und Spross einer alten
Orgelbauerfamilie aus Hörbig in der Tiroler Wildschönau. Er war der
Bruder des Schauspielers Attila Hörbiger und Schwager von
Paula Wessely. Hörbiger besuchte das Stiftsgymnasium St. Paul in
Kärnten und studierte dann Chemie an der TH Wien, kam aber zu
keinem Abschluss, da der Krieg ausbrach, den er in der
österreichisch-ungarischen Armee mitmachte. Nach Kriegsende
wandte er sich dem Theater zu und fand nach schauspielerischer
Ausbildung in der Theaterschule Otto in Wien, seine erste
Anstellung 1919 in Reichenberg in Böhmen, wo seine erste wirkliche
Rolle die des Schneiders in "Lumpazivagabundus" war. Von hier kam
er 1920 nach Prag, wo er sechs Jahre lang dem "Neuen Deutschen
Theater" verpflichtet war und sich als Charakterkomiker einen Namen
machte.
Von 1926 bis 1940 war er Mitglied des Lessingtheaters und des
Deutschen Theaters in Berlin. Unter Reinhardt, Bamowsky und Hilpert
spielte er klassische wie moderne Rollen, wie zum Beispiel in "Der
Widerspenstigen Zähmung", in "Madame hat Ausgang" und ähnlichen
Stücken.
Seit 1927 arbeitete Hörbiger auch im Film; noch im Stummfilm machte
sich Hörbiger durch seine vorzüglichen Darstellungen einen Namen: so
in Fritz Langs Abenteuerfilm "Spione". Er verkörperte in der
Stummfilm-Ära sowohl witzige als auch bösartige Charakteren.
Kurz nach dem Beginn der großen Zeit des Tonfilms machte er in Filmen wie "Der unsterbliche
Lump" von sich reden. Er spielte nun meist den herzensguten Menschen, der Lebenslust und
Güte ausstrahlte. Obwohl er ähnliche Rollen wie Hans Moser darzustellen pflegte - Kellner,
Dienstmänner, Fiaker, Portiers - entstand keine Konkurrenz, sondern man besetzte beide
Darsteller oftmals im gleichen Film, die sich ideal zu ergänzen wussten. Insgesamt hat der
Grandseigneur unter den Wiener Volksschauspielern in über 200 Filmen mitgewirkt.
In den 30er Jahren avancierte Paul Hörbiger zu einem der
meistbeschäftigten Schauspieler überhaupt.
Er lebte und arbeitete 14 Jahre
lang in Berlin, musste dann aber die Stadt verlassen, weil er sich für zwei
jüdische Kollegen eingesetzt hatte. Goebbels selbst als "oberster
Schirmherr des deutschen Films" hatte kein Hehl daraus gemacht, dass er
"diese schlappen Wiener Fresser und Gaudébrüder" zutiefst verachte und in
der Reichshauptstadt nicht mehr wünsche. Hörbiger kehrte nach Wien
zurück, wo er von 1940 bis 1946 dem Burgtheater und der Scala Wien
angehörte und erntete vor allem als vorzüglicher Raimund-, Nestroy- und
Goldoni-Darsteller Ruhm. Seine Burgtheaterpremiere feierte er im
Bahr-Stück "Franzl", wo er die Hauptrolle, den oberösterreichischen
Heimatdichter Franz Stelzhammer, verkörperte; 1943 trat er bei den
Salzburger Festspielen als Papageno mit Gusti Huber als Partnerin in
Mozarts "Zauberflöte" auf.
Von Januar bis April 1945 saß er wegen angeblichen Hochverrats in Untersuchungshaft.
Hilde Spiel sah in Hörbigers kaisertreuer Vergangenheit sowie in seinem "stolzen Bewußtsein,
eine slawisch-magyarisch-österreichische Mischung" zu sein, eine Hauptursache für seinen
Konflikt mit den braunen Machthabern. Die BBC meldete sogar, dass Hörbiger hingerichtet
worden sei und im Gedenken an ihn wurde das Fiakerlied gespielt. Doch Totgesagte leben lang …
In den Nachkriegsjahren konnte Paul Hörbiger seine Film- und
Theater-Karriere nahtlos fortsetzen, wobei vor allem die 50er Jahre ein
regelrechtes Paul-Hörbiger-Jahrzehnt wurden. Hörbiger verstand es,
Dienstmänner, Hausmeister, Schuster ebenso gut zu verkörpern wie
Ärzte, Kavaliere und den Kaiser Franz Joseph, den er nie als senilen
alten Herrscher darstellte, sondern immer als einen in Würde
gealterten Monarchen; das mag auch mit Hörbigers kaisertreuer
Gesinnung zu tun haben. Man sah ihn 1948 in "Der Engel mit der
Posaune", zusammen mit seinem Bruder Attila und seiner Schwägerin
Paula Wessely, "Der dritte Mann" (1949), "Der Hofrat Geiger" (1947) und
1952 in "Hallo Dienstmann" zusammen mit Hans Moser, ein Streifen
nach einer Idee Hörbigers, zu dem Rudolf Österreicher das Drehbuch
verfasst hatte.
Während Paul Hörbiger in den 60er und 70er Jahren weiterhin anspruchsvolle Rollen am Theater
erhielt, wurden die Filmangebote immer flacher. Er hatte meist den Parade-Wiener zu verkörpern,
wo keine schauspielerische Tiefe verlangt wurde. Zu seinen letzten Filmen gehörten "Drei
Liebesbriefe aus Tirol", "…und ewig knallen die Räuber" (beide 1962), "Ferien vom Ich" (1963),
"Ruf der Wälder" (1965) und "Man spielt nicht mit der Liebe" (1974).
Zu seinen letzten Bühnenrollen gehörte der Dienstmann in Canettis
"Komödie der Eitelkeit". Populär wurde Paul Hörbiger in seinem letzten
Lebensabschnitt vor allem auch durch Fernsehserien wie "Der alte
Richter" und in mehreren Folgen von "Hallo, Hotel Sacher… Portier".
1979 kamen unter dem Titel "Ich hab für euch gespielt" seine
Erinnerungen, aufgezeichnet von Georg Markus, heraus.
Paul Hörbiger starb am 5. März 1981; begraben wurde er in einem
Ehrengrab der Gemeinde Wien am Wiener Zentralfriedhof, die ihn damit
als einen der ganz Großen für immer anerkannte.
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