O.W. Fischer
1915 - 2004

diese AK befindet sich in meinem Besitz

Otto Wilhelm Fischer wurde am 1. April 1915 in Klosterneuburg geboren. Sein Vater war Jurist und später Hofrat der niederösterreichischen Landesregierung; Fischers Bruder Franz (1912-1983) ist als Journalist und Sektionschef des österreichischen Bundespressedienstes bekannt geworden. Obwohl im niederösterreichischen Klosterneuburg geboren, versuchte Fischer stets als der Wiener zu gelten. Der Otto stand übrigens für Bismarck, der Wilhelm für den Kaiser. Nach der Matura (Abitur) 1933 studierte Fischer in Wien einige Semester Germanistik, Anglistik und Kunstgeschichte, ehe er im Frühjahr 1936 Schauspielunterricht am Reinhardt-Seminar nahm. Ein erstes Engagement hatte er dann am Theater in der Josephstadt in Wien und debütierte dann 1936 in Schnitzlers "Liebelei" in der Rolle des Fritz. 1937 an die Münchner Kammerspiele verpflichtet, spielte er anschließend von 1938 bis 1944 am Deutschen Volkstheater Wien. Er fiel hier im Fach des Bonvivant auf und überzeugte in Charakterrollen wie dem "Demetrius" von Hebbel. Mitglied des Wiener Burgtheaters war er von 1945 bis 1952.
Große Bühnenerfolge hatte er dort u.a. als Anatol in Schnitzlers "Frage an das Schicksal", als Saint Just in "Dantons Tod", als Oswald in Ibsens "Gespenster" und in der Titelrolle von Hofmannsthals "Der Schwierige" (1967 bei den Salzburger Festspielen). Im Wechsel mit den Theaterengagements am Burgtheater arbeitete Fischer ab 1936 beim Film. Den ersten großen Erfolg hatte er 1950 in "Erzherzog Johanns erste Liebe". Das Idealbild des Wiener Luftikus wurde in den deutschen Nachkriegsjahren zum Herzensbrecher und Lebenskünstler vom Dienst und gemeinsam mit Maria Schell waren der Österreicher und die Schweizerin zehn Jahre lang " das" Traumpaar des deutschen Kinos, immer einen Schritt vor Dieter Borsche und Ruth Leuwerik.
Neben der Schell standen viele weibliche Stars an seiner Seite vor der Kamera: Winnie Markus ("Ein Herz spielt falsch", 1953) und Juliette Greco ("Die schwarze Loreley"), Heidemarie Hatheyer ("Das letzte Rezept", 1951) und Senta Berger ("Es muss nicht immer Kaviar sein", 1961), Ruth Leuwerik ("Ludwig II.",1955; "Bildnis einer Unbekannten", 1954) und Liselotte Pulver. Mit der Pulver hatte er 1951 seinen Durchbruch in dem Erfolgsfilm "Heidelberger Romanze" (1951) und sie war auch seine Partnerin in "Helden", einem der letzten und schönsten Filme seiner Karriere. Fischer avancierte zum höchstbezahlten Star des bundesdeutschen Kinos der 50er Jahre. Ein Mitspracherecht ermöglichte Fischer auf Art und Anlage seiner Rollen Einfluss zu nehmen, wobei oftmals eine Vorliebe für positiv-zwiespältige, grüblerische, oft mit Mystik behaftete Ausnahmecharaktere deutlich wurde. Eine der Paraderollen dieser Zeit war 1955 die des Bayernkönigs Ludwig II.

In Hollywood konnte Fischer sich nicht durchsetzen. 1956 schloss er mit dem Universal-Studio einen Vertrag über zwei Filme ab, aber schon 1957 wurde er während der Dreharbeiten zu "My Man Godfrey" durch David Niven ersetzt - offiziell "wegen unüberbrückbarer Differenzen" mit Regisseur Henry Koster.
Fischer betrachtete das nicht als Schmach, Hollywood war schließlich selber schuld, dass es auf ihn verzichten musste! Auch das Publikum dachte nicht an einen Misserfolg, so nahm der größte Star des deutschen Nachkriegsfilms nicht Schaden und blieb erfolgreich bis zu seinem freiwilligen Rückzug Anfang der 60er Jahre. Er trat von da an nun nur gelegentlich im Fernsehen auf ("Amouren" mit Johanna Matz, 1972; "Teerosen" mit Maria Schell, 1976) und spielte wieder Theater. Nach 10 Jahren Pause stand er 1986 noch einmal für das ZDF in "Auferstehung in Lugano" und 1987/88 für 3 Episoden in "Herbst in Lugano" vor der Kamera: Maria Schell, Liselotte Pulver und Renate Roland waren seine Partnerinnen in diesem Unterhaltungs-Spezial. Fischer war seit 1942 mit der aus Prag stammenden Schauspielerin Anna (Nanni) Usell (1903 bis 1985) verheiratet. Er lebt heute zurückgezogen am Luganer See und befasst sich intensiv mit Fragen der Sprachwissenschaft, der Philosophie, Psychologie und Metaphysik.
1968 hielt er u.a. an der Universität Mainz Vorträge über Philosophie und Hypnose. Seine Erkenntnisse macht Fischer zudem in Gedichten, Memoiren und Interviews der Öffentlichkeit zugänglich. 1976 veröffentlichte er ein autobiographisches Buch "…was mich ankommt, als Gesicht, Traum, Empfindung". Er war König Ludwig II. und der Hellseher Hanussen, viele Male der Held auf weißen Krankenhausfluren, auch Priester, Maler, Gauner und einfach Liebhaber. Eine der schönsten Rollen aber dieses O.W. Fischer war der Hauptmann Bluntschli (rechts), der in George Bernard Shaws "Helden" (1958) in den Balkan-Krieg zieht und sich sehr unheroisch benimmt. Das war zwar unter Franz-Peter Wirths Regie Shaw "light", jedoch wunderbares Unterhaltungskino.

Gealtert ist er schon deutlich, der Herr mit dem langen weißen Bart, den buschigen Brauen über den strahlend blauen Augen, der sich schon früh mit einem Hauch von Geheimnis und Unnahbarkeit umgab, aber sein Alter würde man ihm nicht abnehmen und wenn er dann noch zu sprechen beginnt auf seine betont Wiener Art, dann wirkt er noch einmal um Jahre jünger, dieser Herr mit sieben "Bambis", dem Bundesfilmpreis und dem Professorentitel, verliehen vom österreichischen Bundespräsidenten. Noch heute liegt ein Hauch von mokanter Süffisanz um seinen Mund, seine weitschweifenden Gesten und der prononcierte Sprachduktus verraten immer wieder jene Spur von Überheblichkeit, mit der er Erfolge anzog und Misserfolge wegsteckte. Er eroberte die Herzen des deutschen Kinopublikums in den goldenen 50er Jahren im Sturm, als man nach allem angelte, was schön, angenehm und unproblematisch zu sein versprach. Er spielte seine Rollen nicht, er zelebrierte sie. Mit hoher Stirn und Überlegenheit im Blick war er Bürger und Bürgerschreck in einem. Seine Eitelkeit und Arroganz ließen sich schwer unterdrücken, ebenso wenig seine nuschelnde Stimme.



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